Das Schöne an der Blumenfotografie ist: Sie laufen und fliegen nicht davon. Geduld ist dann nötig, wenn es windig ist oder wenn die Lichtverhältnisse düster oder sehr grell sind. Vorsicht ist angesagt bei gefährlichen Aufnahme-situationen. Im Binntal bin ich beim Fotografieren wunderschöner Edelweiss abgestürzt und habe diesen Ehrgeiz nur dank Bewahrung nicht mit dem Leben bezahlt. Zwei meiner Söhne haben die Schrecksekunden miterlebt.
Selten fotografiere ich Pflanzen "von oben herab". Die Perspektive stimmt erst, wenn wir auf Augenhöhe sind. Das habe ich schon bei meinen Kindern gelernt. Das heisst, die Kamera ist häufig nahe am Boden und das Stativ muss das in allen Lagen mitmachen, auch am steilen Bord. Ein Monitor der sich kippen lässt, ermöglicht ein konzentriertes und ermüdungsfreies Arbeiten. Ich benütze in diesen Fällen heute den "Live-View-Modus" auch bei der Spiegelreflexkamera. Der Bildausschnitt kann sorgfältig eingestellt werden und wenn nötig hilft die Naheinstelllupe bei der Kontrolle der Schärfe. Mehr dazu im Abschnitt Fototechnik.
Ich fotografiere mit Canon Spiegelreflexkameras der mittleren Preisklasse und bin mit dem Bedienkomfort, der Robustheit und den Resultaten zufrieden. Viele Aufnahmen sind mit dem 100 mm Makroobjektiv entstanden. Es sticht durch gute Schärfe heraus und verhindert in vielen Fällen durch die genügend grosse Aufnahmedistanz, dass Schatten vom Objektiv auf die Blüte fällt. Das war beim analogen 50 mm Makroobjektiv leider häufig der Fall.
Ein Weitwinkel-Objektiv ist unabdingbar, wenn Blumen in ihrer Umgebung gezeigt werden sollen. Solche Bilder wirken lebendig, dynamisch und geben das Erlebnis des "dabei-seins" wider. Meist kann die ganze Pflanze mit Blattwerk und Blüte im Vordergrund abgebildet werden und der immer noch gut erkennbar gezeichnete Hintergrund lässt erkennen welchen Standort die Pflanze bevorzugt.
Canon EOS 50D
Canon EOS 60D
Canon EOS 70D
Canon EOS 5D Mark IV
Canon MACRO
EF 100mm 1:2.8 L IS USM
Canon Zoom
EF-S 17-55mm 1:2.8 IS USM
Canon Zoom
EF 24-70 f/2.8L II USM
Canon Zoom
EF 16-35 f/2.8
Canon Zoom
EF 100-400mm 1:4.5-5.6 L
IS II USM
Stativ Fotopro C-5i
Stativkopf FPH-52Q
älteres Modell, 15 MP, keine Verwendung mehr
schlechtes Energiemanagement erlaubt nur kurzzeitige Live-View Anwendung
älteres Modell, 18 MP, keine Verwendung mehr,
gutes Energiemanagement, Live-View gezielt einsetzbar
schwenkbarer Monitor
aktuell verwendetes Modell, 20 MP
gutes Energiemanagement, Live-View gezielt einsetzbar
schwenkbarer, hochauflösender Monitor, Touchscreen
Fokuspunkt kann mit dem Finger auf dem Monitor frei gewählt werden (super bei asymmetrischer Bildgestaltung)
aktuell verwendetes Modell, 30 MP
gute Bildschärfe, guter Lichtwert
Top Modell, leider ohne Schwenkmonitor
aktuell verwendetes Modell, mit Bildstabilisator
sehr gute Bildschärfe, schöne Hintergrundzeichnung bei Unschärfe
guter Lichtwert
aktuell nur noch selten verwendetes Modell, mit Bildstabilisator,
akzeptable Bildschärfe, guter Lichtwert, kleiner Telebereich
aktuell verwendetes Modell, ohne Bildstabilisator,
sehr gute Bildschärfe, guter Lichtwert, kleiner Telebereich
aktuell verwendetes Modell, ohne Bildstabilisator
aktuell verwendetes Modell, mit Bildstabilisator
gute Bildschärfe auch ohne Stativ, Naheinstellgrenze 0.98 m
Stabiles, leichtes Alustativ, lässt keine Wünsche offen, preisgünstig,
robuste, solide Konstruktion und Ausführung
Für die Wahl der Haupteinstellwerte an der Kamera muss man ihre Auswirkung auf das Bild kennen um sie als Gestaltungselemente einsetzen zu können. Die Lichtempfindlichkeit des Sensors, die Verschlusszeit und die Blendenöffnung bestimmen die korrekte Lichtmenge für ein ausgewogen belichtetes Bild. Ich arbeite standardmässig mit 1/3 Blendenstufe Unterbelichtung um überbelichteten Bildpartien vorzubeugen. Mein Rückschaumonitor ist so eingestellt, dass überbelichtete Bereiche blinken und mich warnen.
Die Blende bestimmt die Tiefe des als scharf wahrgenommenen Bereiches.
Bei kleiner Blendenzahl (2.8, 3.5, 4, 5.6) besteht schnell die Gefahr von zu wenig Schärfe, so dass viele wichtige Blütenteile in Unschärfe versinken und das Bild unbrauchbar wird. Ich versuche bei Blütenaufnahmen mit etwa Blende 14 zu starten. Bei sehr grosser Blendenzahl (22, 25, 32) liefern viele Objektive bereits leicht unscharfe Bilder; ich meide deshalb diesen Bereich. Mein 100mm Makro arbeitet bei Blende 8 am schärfsten. Eine gut gewählte Blendenöffnung bei einer Blütenaufnahme hebt das Hauptmotiv vom Hintergrund ab.
Die Verschlusszeit ist wesentlich, wenn aus der Hand fotografiert wird, wenn es windet und die Blüten sich bewegen oder düstere Lichtverhältnisse herrschen. Kaum sichtbare Bewegungen können sich bei Aufnahmen von kleinen Blüten bereits verheerend auswirken. Die Bewegungsunschärfe kann nur auf dem vergrösserten Rückschaubild sicher genug erkannt werden! Und der eingebaute Bildstabilisator hilft nur gegen die unruhige Hand und nicht gegen den Wind. Bei leichtem Wind ist es zwischendurch aber immer mal ein paar Sekunden windstill, dann muss man sofort parat sein. Das gelingt nur mit einem Stativ und Fernauslöser vernünftig. Damit ist gesagt, dass die allermeisten meiner Aufnahmen (mit dem Makro-Objektiv) mit Stativ entstehen. Wenn das Stativ nicht mit dabei ist, schiesse ich umso mehr Bilder. Die meisten meiner Schrott-Bilder sind es wegen Unschärfe.
Mit der ISO-Empfindlichkeit wird die Lichtempfindlichkeit des Bildsensors eingestellt. Bei höherem ISO-Wert beginnt irgendwann, je nach Kameratyp, ein Bildrauschen. Bei Bildvergrösserungen kann dieses Rauschen sichtbar werden und wird als Grobkörnigkeit oder Unschärfe mit Farbfehlern wahrgenommen. Wenn es geht, ist meine Kamera fix auf 100 ISO eingestellt, aber wenn Blende oder Verschlusszeit es verlangen, wechsle ich auf höhere Werte.
Nicht zuletzt hilft auch ein Blitz fehlendes Licht zu ergänzen. Dezent eingesetzt wirkt er Wunder und meist reicht der eingebaute, kleine Blitz mit reduzierter Blitzleistung (-1, -2, -3). Mit ihm können auch harte Schatten "geglättet" werden. Am besten ist er eingesetzt, wenn man am Bild nicht erkennt, dass geblitzt wurde. Seit ein paar Jahren habe ich im Rucksack immer auch zwei Aluminiumplatten 20 x 25 cm dabei, mit denen ich ganz schnell zusätzliches Sonnenlicht in der gewünschten Richtung auf die Blüte lenken kann. Gut, wenn dabei die Kamera auf dem Stativ ruht und mit dem Fernauslöser bedient werden kann. Für Makroaufnahmen helfen mir zwei kleine LED Filmleuchten (mit USB-Anschluss, Helligkeit wählbar, Farbtemperatur wählbar)
Also:
Im Nah- und Makro-Bereich bin ich häufig mit "zu wenig Schärfentiefe" am kämpfen, so dass lockere Blüten-stände bei Orchideen oder ganze Blütengruppen selten mit erfreulicher Schärfe abgebildet werden können. Wir sprechen von einigen Millimetern. Die Mikroskopie wendet einen Trick an den ich mir immer auch für meine Aufnahmen wünschte: Das finale Bild wird aus mehreren einzelnen Bildern zusammengesetzt. Die Einzelbilder haben zueinander eine leicht verschobene Focusebene, so dass alle Bilder zusammen die ganze Blüte "von vorn bis hinten" scharf abbilden. Die Bilder werden am Computer mit Spezialprogrammen zusammengesetzt und wenn nötig nachbearbeitet. Das gibt ein bisschen Arbeit, aber es lohnt sich.
Bis 2018 ging das bei mir so:
Auf diese Weise sind bisher 600 Fotos mit eindrucksvoller Schärfe aus 4600 Einzelfotos entstanden. Die Kakteen fotografiere ich nur noch mit dieser Technik. Draussen in der Natur ist es schwieriger, aber auch hier gelingen gute Bilder.
Bild links einer Spinnenragwurz aus vier Einzelbildern zusammengesetzt
Einzelbilder rechts mit unterschiedlicher Schärfenebene.
Auch diese Kakteenbilder sind aus 6 - 8 Einzelbildern entstanden.
Und noch ein Extremfall: Eine winzig kleine Kakteenblüte "Mammillaria gracilis" in einem Gewirr von
Kakteenärmchen. Zwei einzelne Bilder und das finale aus 30 Einzelfotos zusammengesetzte Bild.
Im Mai 2018 sind Susan und ich einen Tag bei Valentin Gutekunst im Makro-Coaching gewesen um neue Techniken zu erleben und zu lernen. Was wir an Wissen nach Hause gebracht haben:
Das Resultat (1/500 s, Blende 4, ISO 100, ohne Stativ, 27 Einzelbilder, Sony ILCE-7M2, FE 90mm 2.8 Makro)
Die Stacking-Technik kann auch bei einer Alltags-Aufnahme nützlich sein. Das Chamäleon im Zoo Zürich ist ja schon schwierig zu finden und selten sitzt es grad in guter Aufnahmeposition. Kürzlich hat's geklappt, aber durch die Blätter hindurch habe ich den Kopf und den interessanten Schwanz nicht beides auf einer Aufnahme scharf hinbekommen. Zudem war es eher düster, stärker abblenden wollte ich nicht um nicht alle Blätter auch scharf auf dem Bild zu haben. Nur zwei einzelne Aufnahmen mit leicht veränderter Schärfeebene lösten das Problem; und daraus ist eine recht gute Stacking-Komposition entstanden.
Links das zusammengesetzte Bild, rechts die beiden Einzelbilder.
(1/25 s, Blende 8, ISO 200, mit Stativ, 2 Einzelbilder, Canon 70D, EF 100-400mm IS II USM)
Meine Erfahrungen im 2019. Die grosse Mehrheit meiner Orchideenbilder entstanden jetzt mit Focus-Stacking :
Das Bild links sieht nicht aussergewöhnlich aus. Aber dazu habe ich aus einer Bildserie von 20 Aufnahmen genau die vier für die Stack-Komposition ausgewählt auf denen je ein Blütenstängel scharf abgebildet war. Düstere Lichtverhältnisse, Blende 4.5, 1/100 sec., aber beeindruckende Schärfentiefe. Rechts die vier Einzelbilder.
Neue Erfahrungen Ende 2019 betreffend Erstellen des finalen Bildes am Computer:
Blattwanze auf Kaktusblütenknospe
ISO 100
100 mm Makro
1/250 s
Blende 5
45 Einzelfotos
Dactylorhiza fuchsii
(hypochrome Farbvariante)
ISO 100
100 mm Makro
1/320 s
Blende 5.6
23 Einzelfotos
Spiranthes spiralis
ISO 250
100 mm Makro
1/125 s
Blende 4
28 Einzelfotos
Eine einfache Aufgabe entpuppt sich als aufwändiger Workflow bis zum fertigen Bild. Meine kleine Orchideen-vitrine am Fenster will ich möglichst ohne Kunstlicht fotografieren. Das schwache, abendliche Gegenlicht erhellt die Blüten in sanfter, durchscheinender Weise und lässt die Blätter schemenhaft "verschwinden". Eine erste Aufnahme mit Brennweite 40 mm überzeugt mich nicht. Trotz grosser Blende tritt das Fenster störend in Erscheinung. Ich montiere das 100 mm Makro und stelle mich weit hinten im Wohnzimmer mit Stativ auf damit die ganze Fensterbreite im Sucher Platz hat. Jetzt, durch die grosse Entfernung vom Objekt, sind alle Verunreinigungen auf der Fensterscheibe ebenfalls im Schärfebereich. Unbrauchbar! Fenster putzen: Nicht jetzt.
Ich muss viel näher ran. Ich wechsle auf Hochformat, gerade so, dass die gelbe Blüte in der Höhe Platz hat. Die ganze Fensterbreite muss jetzt mit 6 Einzelaufnahmen abgedeckt werden . Kein Problem mit dem Stativ. Zudem wird für jede Blütengruppe ein zusätzliches Bild mit exakt eingestelltem Schärfefokus nützlich sein für die spätere Panoramakomposition. Also, nun ist vorerst einmal alles geknipst.
Mit Lightroom lasse ich ein Panorama zusammensetzen und in Photoshop ersetze ich die unscharfen Blütengruppen durch Bildausschnitte aus den scharfen Fotos. Das Resultat gefällt mir.